Freitag, 27. September 2019

Verwitterte Sonette



    
                      Verwitterte Sonette


Sonette schrieb er einst und manch Gedichte.
Nun ist er satt und stille, dunkel, stumm.
Im Moll verglimmt sein matter Wille.  Dumm
Wirkt er nicht, doch dumpf sind die Gesichte.

Wie leicht flog ihm die Feder in der Jugend!
Er war so geistreich, heiter, elegant,
So witzig, spritzig und gescheit.  Bekannt
Und doch galant; man liebte seine Tugend.

Im Groll und doch in kalter Ironie
Zieht er verbittert an der Zigarette.
Erwacht sie noch, die ruinierte Stärke?

Ach, er verlacht die alte Poesie!
Wer liest sie noch, die publizierten Werke,
Die lieben, die verwitterten Sonette?



                                           Rolf-Peter Wille
                                                   (2004)



Max Beckmann: Selbstbildnis mit Zigarette, 1947




























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