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Donnerstag, 10. Oktober 2019

Ach, bewahr mich vor der Liebe! [kein Sonett]


"Ach, bewahr mich vor der Liebe!" ist leider kein Sonett, doch eine recht günstige Einleitung für meine Sammlung ( – il mio canzoniere...?). In meinem Kakao nämlich schwimmen hier Petrarca, der "Vater" des Sonetts, und "seine" Laura:

                                                     



Laura und Petrarca
                       



 Ach, bewahr mich vor der Liebe!

Ach, bewahr mich vor der Liebe,
jenem ungesunden Triebe:
Menschen, Mäus’ und andres Viech
macht sie müd und liebessiech.

Knaben  wegen einer Dirn 
knüpfen sich an dünnen Zwirn.
Kavaliere und Halunken
sind verknallt ins Grab gesunken.

Und in Liebesarmen trunken
träumt sich manche Schmachtebirn’
ein recht schmalziges Nocturne,
schaurig von Likör umstunken.

Ach, bewahr mich vor der Liebe,
jenem dekadenten Triebe:
Tapfre Kerle, treu und tüchtig
macht die Liebe süß und süchtig.
 
Gern sucht wundes Herz Gesundung
an des Busens junger Rundung,
labet sich am Augenschimmer
liebeszarter Frauenzimmer.
 
Doch beim Küssen und beim Kosen
dösen Toren unter Rosen,
bis die Düfte im Verzücken
sie der Geisteskraft entrücken.
 
Und im fahlen Reich der Schatten
wandeln bald die Tränenmatten.
Ach, bewahr mich vor der Liebe,
jenem hochpoet’schen Triebe!



Petrarca und Laura

Kommt der Lenz, umspinnt uns Laura
leis mit ihrer lyrschen Aura.
Dann besingen wir im Bettchen
sie petrarchisch mit Sonettchen.
 
Sanft im Traume sehn wir wandeln
und mit Augen, braun wie Mandeln,
himmelwärts die Engelsgleiche 
mal lebendig, mal als Leiche.
 
Niemals ward solch Reiz gesehen
seit die Stern’ in Kreisen gehen.
Ihres Lächelns süßer Frieden
ist ein Himmel schon hienieden.

 

Laura de Noves











Wie beim Durch-den-Äther-Gleiten
hehrer ihre Seligkeiten
aus der Seraphinen Sphären
unsre Sinneslust verklären!
 
Ihre liebliche Gestalt
weckt der Sehnsucht Allgewalt.
Mond und Sterne wollen weichen 
und Frau Venus soll erbleichen.
 
Selbst die Sonn’ will scheu verglühen,
wenn die Silberlaute wehen.
Lilienklang vom Seelengrund
sprießt aus keuschem Rosenmund.



Petrarca und Laura
 








Oh, das heilige Verschweben,
dieses Mild-im-Maien-Weben
unsrer laurischen Sirene!
Ich erschauere  und gähne…
 
Ach, bewahr mich vor der Liebe,
vor dem aufgekitschten Triebe,
vor dem wunderlichen Plunder,
diesem bunten Liebeszunder!
 
Heißer kocht da in den Venen
all dein liebevolles Sehnen
und am Andrang praller Brüste
schwellen schneller die Gelüste.
 
Doch des scharfen Blickes Strahl
wächst zum bittren Quell der Qual.
Düster ist die Stirn gefaltet,
hart, von Diamant gestaltet.



Petrarca 












Ach, nun klagen deine Lieder.
Fast verzagend schreib ich’s nieder.
Denn dich brennt wie Peitschenhiebe
Amors schärfster Pfeil der Liebe.
 
Greinst du auch an ihrem Busen,
dich versteinern die Medusen.
Ja, dein Leiden ist immense,
mäht dich nicht des Todes Sense.
 
Frieden darfst du niemals finden,
willst du auch die Welt umwinden.
Glühend frierest du im Brande;
stolz verbrühet deine Schande.
 
Nein, verkauf mir nicht die Liebe,
all die korrumpierten Triebe!
Ach, wie ich den Amor hasse,
denn er bittet stets zur Kasse!

Reiche, die mit Gold verziert,
sind vom Gotte ruiniert.
Süchtges Sehnen will sich rächen,
und wir blechen, bis wir brechen.

Und nun wünschen wir die feine,
die so sittige und reine,
liebste Laura auf der Stelle
in das tiefste Loch der Hölle.
 
Mag sie dort nun ewig flennen 
mal erfrieren, mal verbrennen.
Puh, wie riecht die Liebe krass,
raucht die Lust im schwarzen Hass!
 
Herr, bewahr uns vor den Plagen,
die wir nimmermehr ertragen,
vor dem Räuber, vor dem Diebe,
Armut, Krankheit, Tod  und Liebe!
 

                              Rolf-PeterWille
                                                         (2012)


Postskriptum:


              An meine Leser


Meinen Dank will ich Euch sagen,
doch ich habe manche Fragen:

Soll man es denn noch probieren
mit dem lust’gen Tirilieren,
mit der Laura vom Francesco
(sah sie jüngst auf einem Fresko)?

Spielt ein alter Pianist
noch den Liebestraum von Liszt,
oder läßt er seine Pfoten
von exotischen Eroten,
meidet nun die Fingerübung
wegen seiner Augentrübung,
wirft sich, ganz so wie er ist,
kurzentschlossen auf den Mist?

Soll er noch mit morschen Knochen
in der Wirklichkeit malochen?
Schluss mit schnödem Amüsieren,
nur noch geistig meditieren?

Mag ein Priester den Orgasmus,
oder liest er nur Erasmus?
Sagt er bloß das Pater Noster,
oder kost er noch im Kloster,
treibt es gar per Cybersex
mit Tyrannosaurus Rex?

Ach, die liebsten unsrer Dichter
ach, wie haben sie gelitten,
haben sich, die armen Wichter,
für die Liebe totgestritten.

Und in dreihundert Sonetten
schmiedet sich an Eisenketten
seiner Laura der Petrarch,
unser Dichterpatriarch.

Ja ich las sie alle  weh!
Von Francescos bittren Lehren
schmilzt mein Herz wie junger Schnee,
aus dem Auge rinnen Zähren.

Selig schwebst Du in der Höh,
stürzest jählings dann gewiss
tief hinab in die Abyss’:
Lieb’ ich sage Dir ade!

                                                     RPW



Petrarca
















Montag, 7. Oktober 2019

Charmante Nacht




Charmante Nacht

(Sonetto del Petrarca)


Charmante Nacht!
Hold hat im Bett
mich ein Sonett
lieb angelacht

und mir so sacht,
so zart kokett
mit dem Florett
den Geist entfacht.
  
In feinem Traum
erblüht der Geist
mir von Petrarch.

Nur eitel Schaum:
Ich lieg vergreist
im Bett und schnarch.


(2009)












Samstag, 5. Oktober 2019

Hohe Minne




                         Hohe Minne


Nur Du, oh Herrin, bist mein einzig Streben.
Nur Deiner will ich immerdar gedenken!
Stets Dir mein Herz, Dir meinen Mund zu schenken,
stets Dich zu ehren, sei mein Sinn, mein Leben!

Auf steigt mein Glück wie Tauben sich erheben,
spür ich Dein Auge sich in meines senken.
Willst Du Dein Lächeln, Englische, mir schenken,
soll ich auf Erden schon im Himmel schweben.

Lass mich, oh Herrin, ewig Dich besingen,
den Liebreiz Deiner Lippen, Deiner Wangen,
ihr wundersames Spiel in Verse zwingen!

Hab’ ich die Seele im Sonett gefangen,
bringt meine Sangeskunst sie zum Erklingen,
so werden wir Unsterblichkeit erlangen!


                                                     Rolf-Peter Wille
                                                            (2014)
                                         

                                           

Andrea di Bartolo di Bargilla: Petrarca, ~1450    



       
          
     

Anmerkung: mein Sonett parodiert Francesco Petrarca; "Englische": hier "Engelsgleiche"