"Ach, bewahr mich vor der Liebe!" ist leider kein Sonett, doch eine recht günstige Einleitung für meine Sammlung ( – il mio canzoniere...?). In meinem Kakao nämlich schwimmen hier Petrarca, der "Vater" des Sonetts, und "seine" Laura:
Laura und Petrarca |
Ach, bewahr
mich vor der Liebe!
Ach, bewahr mich vor der Liebe,
Ach, bewahr mich vor der Liebe,
jenem ungesunden
Triebe:
Menschen, Mäus’ und andres Viech
macht sie müd und liebessiech.
Knaben – wegen einer Dirn –
knüpfen sich an dünnen Zwirn.
Kavaliere und Halunken
sind verknallt ins Grab gesunken.
Und in Liebesarmen trunken
träumt sich manche Schmachtebirn’
ein recht schmalziges Nocturne,
schaurig von Likör umstunken.
Ach, bewahr mich vor der Liebe,
Menschen, Mäus’ und andres Viech
macht sie müd und liebessiech.
Knaben – wegen einer Dirn –
knüpfen sich an dünnen Zwirn.
Kavaliere und Halunken
sind verknallt ins Grab gesunken.
Und in Liebesarmen trunken
träumt sich manche Schmachtebirn’
ein recht schmalziges Nocturne,
schaurig von Likör umstunken.
Ach, bewahr mich vor der Liebe,
jenem dekadenten
Triebe:
Tapfre Kerle, treu
und tüchtig
macht die Liebe süß
und süchtig.
Gern sucht wundes
Herz Gesundung
an des Busens junger
Rundung,
labet sich am
Augenschimmer
liebeszarter
Frauenzimmer.
Doch beim Küssen
und beim Kosen
dösen Toren unter
Rosen,
bis die Düfte im
Verzücken
sie der Geisteskraft
entrücken.
Und im fahlen Reich
der Schatten
wandeln bald die
Tränenmatten.
Ach, bewahr mich vor der Liebe,
jenem hochpoet’schen Triebe!
Ach, bewahr mich vor der Liebe,
jenem hochpoet’schen Triebe!
leis mit ihrer
lyrschen Aura.
Dann besingen wir im
Bettchen
sie petrarchisch mit
Sonettchen.
Sanft im Traume sehn
wir wandeln
und mit Augen, braun
wie Mandeln,
himmelwärts die
Engelsgleiche –
mal lebendig, mal
als Leiche.
Niemals ward solch
Reiz gesehen
seit die Stern’ in
Kreisen gehen.
Ihres Lächelns
süßer Frieden
ist ein Himmel schon
hienieden.
Wie beim Durch-den-Äther-Gleiten
hehrer ihre
Seligkeiten
aus der Seraphinen
Sphären
unsre Sinneslust
verklären!
Ihre liebliche
Gestalt
weckt der Sehnsucht
Allgewalt.
Mond und Sterne
wollen weichen –
und Frau Venus soll
erbleichen.
Selbst die Sonn’
will scheu verglühen,
wenn die Silberlaute
wehen.
Lilienklang vom
Seelengrund
sprießt aus
keuschem Rosenmund.
Oh, das heilige Verschweben,
dieses
Mild-im-Maien-Weben
unsrer laurischen
Sirene!
Ich erschauere – und
gähne…
Ach, bewahr mich vor
der Liebe,
vor dem
aufgekitschten Triebe,
vor dem wunderlichen
Plunder,
diesem bunten
Liebeszunder!
Heißer kocht da in
den Venen
all dein liebevolles
Sehnen
und am Andrang
praller Brüste
schwellen schneller
die Gelüste.
Doch des scharfen
Blickes Strahl
wächst zum bittren
Quell der Qual.
Düster ist die
Stirn gefaltet,
hart, von Diamant
gestaltet.
Fast verzagend
schreib ich’s nieder.
Denn dich brennt wie
Peitschenhiebe
Amors schärfster
Pfeil der Liebe.
Greinst du auch an
ihrem Busen,
dich versteinern die
Medusen.
Ja, dein Leiden ist
immense,
mäht dich nicht des
Todes Sense.
Frieden darfst du
niemals finden,
willst du auch die
Welt umwinden.
Glühend frierest du
im Brande;
stolz verbrühet
deine Schande.
Nein, verkauf mir
nicht die Liebe,
all die
korrumpierten Triebe!
Ach, wie ich den
Amor hasse,
denn er bittet stets
zur Kasse!
Reiche, die mit Gold
verziert,
sind vom Gotte
ruiniert.
Süchtges Sehnen
will sich rächen,
und wir blechen, bis
wir brechen.
Und nun wünschen
wir die feine,
die so sittige und
reine,
liebste Laura auf
der Stelle
in das tiefste Loch
der Hölle.
Mag sie dort nun
ewig flennen –
mal erfrieren, mal
verbrennen.
Puh, wie riecht die
Liebe krass,
raucht die Lust im
schwarzen Hass!
Herr, bewahr uns vor
den Plagen,
die wir nimmermehr
ertragen,
vor dem Räuber, vor
dem Diebe,
Armut, Krankheit,
Tod – und Liebe!
(2012)
Postskriptum:
Meinen
Dank will ich Euch sagen,
doch
ich habe manche Fragen:
Soll
man es denn noch probieren
mit
dem lust’gen Tirilieren,
mit
der Laura vom Francesco
(sah
sie jüngst auf einem Fresko)?
Spielt
ein alter Pianist
noch
den Liebestraum von Liszt,
oder
läßt er seine Pfoten
von
exotischen Eroten,
meidet
nun die Fingerübung
wegen
seiner Augentrübung,
wirft
sich, ganz so wie er ist,
kurzentschlossen
auf den Mist?
Soll
er noch mit morschen Knochen
in
der Wirklichkeit malochen?
Schluss
mit schnödem Amüsieren,
nur
noch geistig meditieren?
Mag
ein Priester den Orgasmus,
oder
liest er nur Erasmus?
Sagt
er bloß das Pater Noster,
oder
kost er noch im Kloster,
treibt
es gar per Cybersex
mit
Tyrannosaurus Rex?
Ach,
die liebsten unsrer Dichter
ach,
wie haben sie gelitten,
haben
sich, die armen Wichter,
für
die Liebe totgestritten.
Und
in dreihundert Sonetten
schmiedet
sich an Eisenketten
seiner
Laura der Petrarch,
unser
Dichterpatriarch.
Ja
ich las sie alle – weh!
Von
Francescos bittren Lehren
schmilzt
mein Herz wie junger Schnee,
aus
dem Auge rinnen Zähren.
Selig
schwebst Du in der Höh,
stürzest
jählings dann gewiss
tief
hinab in die Abyss’:
Lieb’
ich sage Dir ade!
RPW